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Mythos Grenzbalken - Leserbrief an die "Kronen Zeitung"

Liebe Freunde des BBB,

In Anbetracht der verstärkten einseitigen Berichterstattung in Österreichs größter Tageszeitung über negative Auwsirkungen der offenen "Ost-"Grenzen nach der "Schengen-Erweiterung" und der angebliche Zusammenhang mit der erhöhten Kriminalität im Raum Wien habe ich als Reaktion auf die Titelseite der Kronen Zeitung vom 14.5.2009 eine Replik verfasst.


Mythos Grenzbalken

Sehr geehrte Redaktion,
Ihren Aufmacher vom 14.5. „Riesenärger über offene Ostgrenze“ möchte ich nicht unkommentiert lassen. Es ist zu kurz gegriffen, für die exorbitant hohe Kriminalität in und um Wien das Schengenabkommen verantwortlich zu machen. Vielmehr rächt sich die verfehlte Sicherheitspolitik vergangener Jahre, mit Personalausdünnung und reihenweise Schließungen von Wachzimmern, vor allem am Land. „Kriminaltouristen“ aus den Nachbarländern fallen weniger ins Gewicht, als ausländische Straftäter, die hier in Österreich ansässig sind. Polemiken wie Ihre Schlagzeile, die den „Mythos Grenzbalken“ heraufbeschwören, sind völlig fehl am Platze, denn es ist sehr naiv anzunehmen, dass sich Kriminalität an den Grenzen stoppen lässt.
Ich selbst verbringe berufsbedingt seit 2005 jede Woche durchschnittlich zwei Tage in Tschechien. Das macht seither weit über 500 Grenzübertritte über die „Ost“-Grenze, plus viele private Reisen in unsere Nachbarländer. In der „Vor-Schengen-Zeit“, also das, was sich angeblich 62% der Österreicher wieder wünschen, wurde mein Pass an der Grenze kaum kontrolliert, sehr, sehr selten hat sich ein Grenzer dazu aufgerafft, den Pass genauer anzuschauen. Seit der offenen Grenze bin ich persönlich bereits siebenmal streng kontrolliert worden (inklusive Gepäckskontrolle), zweimal an der slowakischen, fünfmal an der tschechischen Grenze. Schengen hat die grenzüberschreitende Kriminalitätsbekämpfung wesentlich erleichtert, und die Einreise aus Drittstaaten wurde erschwert. Davon kann man sich jederzeit etwa an der slowenisch-kroatischen, der ungarisch-serbischen oder slowakisch-ukrainischen Grenze überzeugen.

Es stört mich sehr, dass Ihre Zeitung ständig das Jahrzehnte alte Feindbild der „Verbrecherländer im Osten“ pflegt, ohne sich nur einmal die Mühe zu machen, sich mit der Realität auseinander zu setzen. Fakt ist nämlich, dass man sich in Städten wie Prag, Brünn oder Bratislava nachts wesentlich sicherer fühlen kann als in Wien. Das vor allem aufgrund einer anderen Sicherheits- und Migrationspolitik als in Österreich. Tschechien etwa, das nach Schengen „grenzenlos“ geworden ist, hat nahezu sämtliche Ex-Zöllner von den ehemaligen Grenzstellen in den Polizei-Außendienst abgestellt. Wir Österreicher sollten endlich 20 Jahre nach 1989 erkennen, dass das Zusammenwachsen Europas etwas völlig Normales ist und die Teilung des Kontinents, die uns Stalin aufgezwungen hat, endlich passé ist.
Fazit: Gelangweilte Zöllner an der Grenze werden nicht in der Lage sein, Einbrüche und Diebstähle in Österreich zu verhindern, vielmehr muss im Sinne der Prävention die Beamtenstärke und Präsenz der Polizei in Wiens Straßen zumindest einmal auf europäischen Durchschnitt angehoben werden.

Stefan Weiß
CZ-602 00 Brünn / A-1100 Wien

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Liebe BBB Freunde,
Stefan Weiss hat mir wieder eine grosse Freude gemacht, weil er wieder zu einem heiklen Thema seine Ansicht gebracht hat. Anderseits aber muss ich sagen, dass ich mich ganz sicher auch in der Nacht in Wien fühle. Und in den Bezirksstädten oder Gemeinden, wo ich mit meiner Tätigkeit sehr oft bin habe ich Gottseidank, keine Gefahr erlebt. Meiner Meinung nach, die Leute, die schaden wollen, müssen direkt keinen ehemaligen Grenzübergang benutzen. Mit der österrechischen Polizei habe ich auch meine besten Erfahrungen - ob bei unserem Unfall in Wien, oder bei den Kontrollen während meinen Reisen durch Österreich.
Was er als Fazit gemeint hat, muss ich sagen, dass die Präsenz der Polizei in den Strassen von Grossstädten immer ein Problem ist und immer bei den Magistraten zu einer Diskusion führt.
Es sollte ein ständiger Druck von der Öffentlichkeit an die Zuständigen sein.
Ludmila Nolčová

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