Brno-Business-Board

Die Businesscommunity für Brno/Brünn und Morava/Mähren

Partner Tschechien bleibt trotz Krise attraktiv

Die Tschechische Botschaft wurde am 5. und 6. März 2009 zum Treffpunkt tschechischer und österreichischer Führungskräfte aus Wirtschaft, Politik und Kultur. Unter dem Titel „Begegnung Wien-Prag“ hatten die 100 tschechischen Top-Unternehmen („CZECH TOP 100“), Wirtschaftskammern und die Tschechische Botschaft zu einer zweitägigen Veranstaltung – Vorträgen und Podiumsdiskussion - geladen.

Nach dem Auftakt am 5. März - österreichische Unternehmen hatten die Gelegenheit, Repräsentanten der Prager Wirtschaft und Kultur kennenzulernen – ging es am 6. März bei dem Fachseminar vor allem um Aspekte wirtschaftlicher Kooperation.

Gleich zu Beginn wies der Botschafter Tschechiens in Wien, Dr. Jan Koukal, auf die gute gegenwärtige Verfassung Tschechiens hin. „Unsere Wirtschaft hat die internationale Finanzkrise als ersten Teil der Krise relativ gut überstanden. Die tschechische und slowenische Wirtschaft sind unter den osteuropäischen Ländern am wenigsten betroffen“, stellte Koukal fest. Allerdings erwarte er in der Realwirtschaft Einbrüche bei den Exporten, auch mit Spekulationen rund um die tschechischen Krone sei weiter zu rechnen.

Grenznahe Kooperation trägt Früchte

Das Maßnahmenpaket der Regierung werde sich laut Koukal positiv auswirken (u.a. werden Kredite und Arbeitsplätze gefördert), aber auch ein höher als geplantes Budgetdefizit, eventuell sogar über den 3,5% von Maastricht, nach sich ziehen.
Zusammenarbeit sei in dieser Lage besonders essentiell, betonte Koukal und zitiert aktuelle Zahlen der Wirtschaftskammer: So seien im vergangenen Jahr als Folge der von den Kammern veranstalteten bilateralen Treffen für grenznahe Kooperation rund 50 neue Firmen entstanden.

Österreich bei Güterverkehr als Vorbild

Traditionell verbunden sind Tschechien und Österreich durch den Bahn- bzw. Güterverkehr. Verkehrte früher schon die Pferdeeisenbahn zwischen Böhmen und Österreich, brauche der Pendolino heute nur vier Stunden und sei damit eine komfortable Alternative zu dem noch nicht zeitgemäß ausgebauten Straßenverbindungen, erklärte DI Rodan Šenekl, Direktor von ČD Cargo, der größten Güterverkehrsgesellschaft Tschechiens.
Die ČD Cargo wurde 2007 als Güterverkehrsschiene von den Tschechischen Bahnen herausgelöst, betreibt mit rund 11.000 Angestellten 900 Loks und ist mit rund 17 Mrd. Kronen oder 800 Mill Euro Umsatz die fünftgrößte Bahn-Cargo Gesellschaft in der EU.
Aktuell gehen über ČD Cargo etwa 9 Mio. Tonnen an Kohle, PKW und Container von Tschechien nach Österreich, rund 2 Mill Tonnen von Österreich nach Tschechien. Senekl zufolge soll der Güterverkehr auf der Schiene stark ausgebaut werden, u.a. durch den Ausbau der Umschlagplätze für den Kombiverkehr. Dabei sei Österreich mit 33% Bahnanteil der Güterbeförderung ein Vorbild.

Verstärkte Kooperation und Vertrauen in der Krise

Das Naheverhältnis von Tschechien und Österreich und die Chancen für den weiteren Ausbau der Beziehungen waren auch bei der abschließenden Podiumsdiskussion unter der Moderation von Jan Struž, Vorsitzender von Czech Top 100, Hauptthema.
„Jede gute Wiener Familie hat eine tschechische Großmutter.“ Mit dieser zugespitzen, humorigen Bemerkung leitete Brigitte Jank, Präsidentin der Wirtschaftskammer Wien, ihr Statement ein. Tschechien sei ein Top-Wirtschaftspartner für Österreichs - für Wien der drittwichtigste Exportmarkt, für Österreich der viertwichtigste. Dabei gebe es eine fast ausgeglichene Handelsbilanz. Die Verflechtungen seien trotzdem noch weiter ausbaufähig, besonders in der klein- und mittelständischen Wirtschaft, unterstrich Jank und erinnerte daran, dass in k. und k. Zeiten viele Unternehmen sogar „Prag- Budapest-Wien“ am Briefpapier stehen hatten.
In den Geschäftskontakten, auch bei Kontakten mit Tschechien, stehen für Jank persönliche Beziehungen an erster Stelle. „Nur der persönliche Kontakt schafft Vertrauen“, betonte Jank. Vertrauen fehle aber zur Zeit an allen Ecken und Enden, das zeige teils der aufkommende Protektionismus, teils das Spareinlagenwachstum auch in Österreich, letzteres, weil es Konsum und Wirtschaftsaufschwung blockiere.
Grundsätzlich seien in Zeiten wie diesen Änderungen gefragt, so Jank. Chancen müssen jetzt genützt werden, so auch die Möglichkeit zum Ausbau der Beziehungen zu Tschechien.

Börsenverbund als Kooperationsbeispiel

Als gelungenes Kooperationsbeispiel bezeichnete der Vorstand der Wiener Börse, Dr. Michael Buhl, den noch jungen Börseverbund Wien-Prag-Budapest-Laibach. Mit 8,5 Mrd. Euro an Börsenumsätzen sei man in Zentral-, Mittel und Südosteuropa mit Abstand die Nummer 1 und könne neben der Größe mit einer starken Zusammenarbeit, einer besseren Visibilität und Vermarktung punkten. „Im internationalen Vergleich sind wir natürlich Zwerge“, räumt Buhl ein. Als Ziele nannte er zunächst eine weiter verbesserte internationale Visibilität, eine Stärkung des Datenvertriebs, mehr Roadshows, um den Unternehmen die Möglichkeit zur Präsentation zu geben. Mittelfristig wolle man dann die Handelsplattformen sowie das Clearing und das Settlement vereinheitlichen.
Zur Ostlastigkeit der Wiener Börse stellte Buhl fest, dass sie zwar im Vorjahr 61% verloren habe, in den Jahren davor aber relativ stark zugelegt habe. Internationale Investoren hätten in Wien eben Kassa gemacht, weil sie zuvor dort Gewinne gemacht hätten. „Zentral- und Osteuropa bleibt weiter Thema“, versicherte Buhl, mahnte aber zur Differenzierung. Die mittel- und osteuropäischen Länder müssten jedes für sich betrachtet werden. „Denn während es in Tschechien, Polen und Slowenien auch heuer Wachstum geben werde, gehe es in Ungarn und den baltischen Staaten weit schlechter“, so Buhl.

Tschechische Krone dürfte wieder steigen

Zu den Schwankungen bzw. dem starken Fall der Tschechischen Krone in den vergangenen Monaten, nahm der Chefökonom der Raiffeisen ČR und ehemaliger Finanzminister der Tschechischen Republik, Doz. Pavel Mertlík, Stellung: „Die Schwankungen sind sehr stark von Vertrauensfaktoren bestimmt, mit fast 30 Kronen pro Euro sollte der Boden aber nun schon schon erreicht sein.“ Grund für seine Zuversicht sei die zunehmende Differenzierung der osteuropäischen Ländern, auch durch die Investoren. Diese sehen auch den Bankensektor in Tschechien als relativ stabil an, da er kaum von Auslandskrediten abhängig ist.

Tschechien-Österreich als vergleichbare Partner

In einem aktuellen Wirtschaftsvergleich zeigte der Rektor der Prager Ökonomischen Hochschule, Prof. Richard Hindls die Ähnlichkeiten zwischen Österreich und Tschechien hinsichtlich Fläche und Einwohnerzahl etc. - auf.
Die Wirtschaftsdaten der beiden Nachbarn klaffen allerdings beträchtlich auseinander. Während etwa Österreich bei Wirtschaftsleistung, BIP pro Kopf in Kaufkraftparitäten, Arbeitsproduktivität, Arbeitslosenrate, Inflation Forschung und Entwicklung und Patentanmeldungen teils deutlich besser positioniert ist, kann Tschechien seit Jahren auf weit höhere BIP-Wachstumsraten und eine niedrigere öffentliche Verschuldung verweisen.
Gemeinsam sei Österreich, Tschechien und den meisten anderen osteuropäischen Ländern der Trend zum Sparen bzw. die Zurücknahme beim Konsum, ergänzte der stellvertretende Direktor des Wiener Instituts für Internationale Wirtschaftsvergleiche, DI Peter Havlik. Grund dafür sei die gegenwärtige Unsicherheit. Die Lage in Osteuropa sei aber insgesamt nicht so schlecht wie in Westeuropa.
Tschechien komme etwa auch die schwächere Krone zugute, sie erleichtere den Export.
Nach persönlichen Empfehlungen gefragt, sprach sich Havlik auch für eine Ausweitung österreichischer Erxporte nach Tschechien aus, im Gegenzug für zunehmende tschechische Investitionen in Österreich.

Bilder zur Meldung:

Bild 1 Bild 2

Seitenaufrufe: 11

Kommentar

Sie müssen Mitglied von Brno-Business-Board sein, um Kommentare hinzuzufügen!

Mitglied werden Brno-Business-Board

Promotion

Die Lektoren. Lektorat und Korrektorat von deutschsprachigen Texten

Währungskurs vom Tag:

Immer bestens Informiert mit dem b-b-b-Newsletter

Anrede:
Vorname:
Name:
E-Mail:


Events



© 2024   Erstellt von Franz Reinthaler.   Powered by

Ein Problem melden  |  Nutzungsbedingungen