Drehbühne Brno – Internationales Studententheaterfestival in deutscher Sprache

[Stefan Weiß]

Von 13. bis 17. Mai findet in Brünn zum zweiten Mal das internationale Studententheaterfestival in deutscher Sprache “Drehbühne Brno” statt, bei dem deutsch spielende Gruppen aus Deutschland, Österreich und Tschechien eingeladen sind, die einige Tage in Brünn an gemeinsamen Vorstellungen, Workshops, Vorträgen und Diskussionen teilnehmen werden.
In der multiethnischen Stadt Brünn/Brno gab es eine langjährige mehrsprachige Theatertradition, die von den Anfängen in lateinischer Sprache über italienische Komödien, deutsches und tschechisches Volkstheaters bis ins 20. Jahrhundert reicht. Das deutschsprachige Theater war dabei in der Ersten Tschechoslowakischen Republik ein liberaler Ort, an dem es auch zur Zusammenarbeit mit dem tschechischen Brünner Theater kam. Diese Haltung wurde im Laufe der dreißiger Jahre zunehmend umstritten, 1938, nach dem „Anschluss“ Österreichs an NS-Deutschland, wurde das Brünner deutschsprachige Theater von nationalsozialistischen SchauspielerInnen übernommen. Die demokratischen und jüdischen Mitglieder des Ensembles hatten sich dagegen lange gewehrt, waren aber schließlich von den weltpolitischen Ereignissen überrollt worden.

Mit dem Festival „Drehbühne Brno“ (der Titel ist eine bewusste Anlehnung an die beiden Ausstellungen „Drehscheibe Prag“ und „Drehscheibe Brünn“, die 1989 bzw. 1997 stattfanden und die EmigrantInnen in die und aus der Tschechoslowakei thematisierten) wollen wir daran erinnern, dass es in der Ersten Tschechoslowakischen Republik auch demokratische, staatsloyale deutschsprachige Kultur in Brünn und anderen Städten der Tschechoslowakei gab.
Deutschsprachiges Theater wird in Brünn seit Jahren auf den beiden germanistischen Instituten der Masaryk Universität gespielt, die auch immer wieder zu Gastspielen in anderen Städten eingeladen werden. Studententheater bietet die Möglichkeit, junge Menschen verschiedener Länder zusammenzuführen, die ein gemeinsames Interesse haben, nämlich Theater zu spielen und sich Theater anzusehen. Gerade in der zusammenwachsenden EU ist es unseres Erachtens immens wichtig, dem abstrakten Vereinigungsprozess eine greifbare und erlebbare Seite zu geben, den StudentInnen zu ermöglichen, andere Studierende von jenseits der Grenze, aber mit ähnlichen Interessen, kennenzulernen.
Es werden Gruppen aus Berlin (theater lux), Leipzig (Cammerspiele Leipzig e.V.), Dresden (die bühne e.V.) und Wien (Theaterverein Vision), sowie von den beiden Germanistik-Instituten der Brünner Masaryk Universität zu sehen sein. Die Gruppe07 der philosophischen Fakultät spielt “Elysian Park” von Marlene Streeruwitz, die Gruppe Doppel L der pädagogischen Fakultät tritt mit “Kleider machen Leichen” von Herbert Berger auf.